Mittwoch, 01.02.2023 15:34

Woher kommt eigentlich der Name „Ziegelhofstraße“?

Die junge Planerin Lilly Klee liebt es, sich mit der Geschichte zu befassen. So viel, was heute unsere Umgebung prägt, lässt sich in die Vergangenheit zurückverfolgen – oft ohne, dass wir viel darüber wissen. So auch im Falle vieler Straßennamen – etwa der „Ziegelhofstraße“.

Neugierig wie sie ist, beginnt Lilly Klee zu recherchieren. Im Wien Geschichte Wiki liest sie: „Die Ziegelhofstraße, die sich in Breitenlee und Hirschstetten erstreckt, hieß einst Pirquetgasse. 1945 wurde sie umbennant – nach dem Zigelhof, einem Wirtschaftsgebäude der ehemaligen Ziegelöfen.“

Über die Ziegelproduktion weiß Lilly Klee kaum etwas – und das soll sich nun ändern!

Auf einer Seite der Pfarre Aspern wird sie fündig: In Österreich gab es historisch gesehen ca. 5.000 Ziegelwerke und etwa 20.000 Ziegelmonogramme – vorrangig von Grafschaften, Klöstern und Gemeinden. In Wien produzierten auch viele Familien eigenhändig Ziegel. Wurde ein Gebäude geplant, suchten die Produzent*innen Tonvorkommen in der Nähe. Fanden sie eine Lehmschicht im Boden, produzierten sie die Ziegel direkt vor Ort, nahe der Baustelle. Das erinnert Lilly an die heutige Baustellenlogistik in der Berresgasse, wo man den Erdaushub größtmöglich vor Ort wiederverwertet, ganz nach dem Credo der kurzen Wege.

Damals hatte man natürlich noch keine modernen Geräte: Das abgegrabene Material wurde am sogenannten Tretplatz mit bloßen Füßen aufbereitet, von Steinen und Verunreinigungen gereinigt. Dann wurde der Ton mittels Scheibtruhen zum Arbeitstisch gebracht. Dort wurde die teigige Lehmmasse händisch in die „gewässerte“ und „gesandelte“ Model (= Form) „eingeschlagen“ – daher auch der Spruch „Ziegel per Handschlag“. Mit einem Streifholz zog man den überschüssigen Lehm ab und schlug den weichen Ziegel heraus. Nach einer 10- bis 14-tägigen Lagerung im Freien konnte man den luftgetrockneten Ziegel im Feldziegelofen brennen. Oft halfen die Ziegel-Produzent*innen dann auch beim Bau mit und zogen dann zur nächsten Baustelle.

Und wie war das konkret hier im Gebiet? Lilly Klee erfährt von einer Ziegelbrennerei, die von ca. 1680 bis ca. 1900 an der heutigen Ziegelhofstraße existierte. Ab 1824 stellte hier die (damals noch niederösterreichische) Gemeinde Hirschstetten Ziegel für den Eigenbedarf her.3 Doch durch den Konkurrenzdruck der weitgehendend maschinell hergestellten „Wienerberger Ziegel“ im neuen Format von 24×12 cm wurden kleine Ziegelwerke zunehmend unrentabel und meist um 1900 stillgelegt.

Lilly Klee recherchiert weiter … Eine gute Quelle ist immer auch die Online-Chronik „Geschichte von Hirschstetten„. Demnach wurde im Nationalsozialismus der ehemalige Ziegelhof als Militäranlage verwendet; die deutsche Wehrmacht stationierte hier einen Geheimsender. Bei einem Bombenangriff im November 1944 wurde auch ein Teil des Hirschstettner Siedlungsgebietes getroffen – einige Bewohner*innen kommen in ihren Häusern um. In den Gärten und auf den umliegenden Feldern zünden noch Tage nach dem Angriff die Bomben. Viele Bewohner*innen fliehen nach dem im Radio ankündigten Voralarm mit ihren Fahrrädern, zu Fuß oder manchmal gar mit Autos in die weniger gefährdeten Marchfelddörfer.

„Wow, wer hätte das alles gedacht? Das sich so viel Historisches in diesem Straßennamen verbirgt“, übrlegt Lilly. „Das werde ich in Zukunft im Hinterkopf behalten, wenn ich dem Badeteich Hirschstetten das nächste Mal einen Besuch abstatte!“


Vielen Dank an Heinz Blüml – dafür, dass es sein Wissen zum Stadtteil immer wieder mit uns teilt!

 / Sandra / Mittwoch, 01.02.2023 /  0

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